Grundsätzlich haben Pflichtteilsberechtigte (zum Beispiel enterbte Kinder) nach § 2314 BGB Anspruch auf Auskunft über den Nachlass durch das so genannte Nachlassverzeichnis. Es kann sogar ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangt werden. Zudem stehen ihnen Wertermittlungsansprüche zu, die insbesondere bei Immobilien von großer praktischer Bedeutung sind.
Beerben sich Eheleute im Rahmen eines Berliner Testaments gegenseitig und lassen die Kinder Schlusserben nach dem Längerlebenden von ihnen werden, bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Kinder im ersten Erbfall enterbt werden. Damit könnten sie ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen. Manchmal heißt es dann im Testament sinngemäß, dass den Kindern „eine Geldsumme als Vermächtnis zugewendet wird, die dem Wert des gesetzlichen Pflichtteils entspricht.“
Das Oberlandesgericht München hatte über einen solchen Fall zu entscheiden: der pflichtteilsberechtigte Abkömmling hatte zunächst das Vermächtnis angenommen, später aber einen Anspruch auf das notarielle Nachlassverzeichnis und Wertermittlungsansprüche geltend gemacht. Diese standen ihm nach Ansicht des OLG München (Urteil vom 21.11.2022 – Az. 33 U 2216/22) jedoch nicht mehr zu. Denn, so die Begründung des Gerichts, ein Auskunftsanspruch mit anschließender Wertermittlung gestützt auf die pflichtteilsrechtliche Vorschrift des § 2314 BGB kann dann nicht mehr bestehen, wenn ein Pflichtteilsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr bestehen kann. Denn dann entfällt das Informationsbedürfnis für den Pflichtteilsberechtigten und sein Auskunftsanspruch wäre rechtsmissbräuchlich.
Dadurch, dass das mit dem Vermächtnis bedachte Kind das Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteilsanspruchs angenommen hatte, war sein Pflichtteilsanspruch vollständig erloschen und es war damit nach Ansicht des OLG München nicht mehr in der Lage, pflichtteilsrechtliche Ansprüche geltend zu machen.
Allenfalls blieb ihm ein Auskunftsanspruch gemäß der zivilrechtlichen Generalklausel des § 242 BGB. Dieser war im vorliegenden konkreten Fall nach Ansicht des Gerichts jedoch bereits erfüllt worden. Einen Anspruch auf das begehrte notarielle Nachlassverzeichnis konnte der Kläger nicht aus § 242 BGB ableiten.
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