Häufig verunglücken die Formulierungen in privaten Testamenten deshalb, weil der Testierende in seiner Gedankenwelt Dinge voraussetzt, die aus dem Testament nicht ersichtlich sind. Ist eine Formulierung unklar, ist das Testament auszulegen. Dass dies mitunter zu überraschenden Ergebnissen führen kann, zeigt zum Beispiel folgender Fall, den das Oberlandesgericht Saarbrücken entscheiden musste (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 09.05.2023, Az.: 5 W 28/23):
Der Erblasser hatte in einem privatschriftlichen Testament (also ohne Notar) zunächst die frühere Erbeinsetzung seiner Kinder für ungültig erklärt und weiter eine anteilige Zuweisung zweier Immobilien vorgenommen, wobei er zum Schluss angeordnet hat, dass das „Bargeld“ auf seine drei Kinder verteilt werden soll. Damit war der Nachlass aber nicht erschöpft. Es stellte sich somit die Frage, wer jetzt eigentlich Erbe (und nicht nur etwa Vermächtnisnehmer) geworden ist und wer den Rest des Nachlasses erhalten soll.
In dem konkreten Fall entschied das OLG Saarbrücken, dass im Einzelfall eine Auslegung dahingehend erfolgen kann, dass es jenseits der auf einzelne Gegenstände beschränken Aufteilung (bei der es sich nicht um eine Erbeinsetzung handelt, sondern nur um eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis), die den Nachlass nicht erschöpft und wenn das Testament auch sonst keinen Willen zur Bestimmung eines anderen Rechtsnachfolgers (also zum Beispiel durch namentliche Bezeichnung einer Person als Erben) erkennen lässt, es bei der gesetzlichen Erbfolge verbleiben soll.
Fazit: obwohl der Erblasser hier umfangreiche Zuweisungen einzelner Vermögensgegenstände getroffen hat, ergab die Auslegung des Testaments, dass er keinen Erben bestimmt hat und deswegen die gesetzliche Erbfolge galt.
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