Üblicherweise werden Bonusregelungen für ein ganzes Jahr getroffen. Es gibt also beim Erreichen bestimmter Jahresziele einen Bonus, der einmal im Jahr zur Auszahlung kommt. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gibt es viele Entscheidungen zu Bonusregelungen, die direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer durch Arbeitsvertrag, also individualvertraglich getroffen werden.
Häufig geht es dabei um sogenannte Stichtagklauseln oder Stichtagregelungen. Diese sehen zumeist vor, dass der Bonus zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Auszahlung kommt – aber nur unter der Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt ungekündigt besteht. Demnach hätte der Arbeitnehmer, der im Laufe eines Jahres ausscheidet, noch nicht einmal einen anteiligen Anspruch auf die Bonuszahlung.
Soweit es um individualvertragliche Vereinbarungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber geht, sind solche Regelungen dann unwirksam, wenn es sich bei dem Bonus nicht um eine reine Treueprämie handelt, sondern – wie meistens – zumindest auch um eine zusätzliche Vergütung für die geleistete Arbeit.
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Nun musste das Bundesarbeitsgericht (BAG-Urteil vom 15.11.2023 – 10 AZR 288/22) sich mit einer Stichtagsregelung befassen, die nicht im Arbeitsvertrag, sondern in einer Betriebsvereinbarung enthalten war. Anders als ein Arbeitsvertrag wird eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und nicht mit jedem einzelnen Arbeitnehmer abgeschlossen. Das ist rechtlich ein ganz wichtiger Unterschied: während auf Arbeitsverträge grundsätzlich das arbeitnehmerfreundliche AGB-Recht Anwendung findet, sind Betriebsvereinbarungen nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB von diesen strengen Regelungen ausgenommen.
In dem entschiedenen Streitfall ging es um eine Formulierung, wonach Arbeitnehmer, die aufgrund eigener Kündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, keinen zeitanteiligen Bonusanspruch haben sollten. Zunächst einmal legte das Bundesarbeitsgericht diese Regelung als Stichtagsregelung aus. Danach entschied das höchste deutsche Arbeitsgericht, dass die Betriebsparteien (Arbeitgeber und Betriebsrat) den Bonusanspruch nicht davon abhängig machen dürfen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Fiskaljahrs besteht. Denn darin liegen zwei Nachteile für den Arbeitnehmer: zum einen wird bereits verdientes Arbeitsentgelt wieder entzogen. Und zum anderen ist damit eine unangemessene Erschwerung des Kündigungsrechts des Arbeitnehmers verbunden. Dafür gibt das Betriebsverfassungsgesetz keine Rechtsgrundlage her. Vielmehr sind die Betriebsparteien nach § 75 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BetrVG an die Grundsätze von Recht und Billigkeit und an die (sogar grundsätzlich geschützten) Freiheitsrechte der Arbeitnehmer gebunden. Damit lässt sich der Entzug von bereits erarbeiteten Boni nicht vereinbaren.
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Zusammengefasst geht das BAG also davon aus, dass die gesetzlichen Wertungen zum Schutz der Arbeitnehmer zumindest soweit es Stichtagklauseln betrifft, die bei individualvertraglichen Regelungen durch das AGB-Recht (Inhaltskontrolle) gewährleistet sind, im Wesentlichen auch auf die nicht dem AGB-Recht unterliegenden Betriebsvereinbarungen übertragen werden können.
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